Brüstung – Aufstiegshilfe / Erleichterung Überkletterbarkeit

Brüstung – Aufstiegshilfe / Erleichterung Überkletterbarkeit

Erschienen im Mai 2023 im Tagesspiegel.

Was steht ins Haus?

Bei der Abnahmebegehung der Wohnanlage bemängelte der Gutachter an unserer Dachterrasse die Höhe der geschlossenen Brüstung von ca. 50 cm. Darauf ist das Geländer bis ca. 1,10 m Höhe montiert. Das genügte ihm nicht, hier könne ein Kind hochklettern und hätte dann nur noch 60 cm Geländer, was zu gering sei. Die Brüstung müsse um mindestens 20 cm erhöht werden. Unsere Entgegnung, dann könne man ja von innen nicht mehr herausschauen, wies er ab: Der Schutz der Kinder gehe vor. Es ist unsere Terrasse, wir haben keine kleinen Kinder – was können wir tun?

Was steht im Gesetz?

Hier prallt das öffentliche Baurecht auf private Interessen. Die Umwehrungshöhe ist mit 1,10 m in der Bauordnung („gesetzlich“) geregelt. Eine Unterschreitung ist grundsätzlich nicht erlaubt – und auch nicht genehmigungsfähig. Die aufgeworfene Frage der „Erleichterung des Überkletterns für Kleinkinder“ ist eine viel diskutierte Auslegungsfrage – in Berlin und Brandenburg: Dort gibt es keine diesbezüglichen Regelungen in den (länderspezifischen) Bauordnungen. Das Problem besteht in jedem Fall: Kinder können über die massive Brüstung nicht hinwegschauen, werden neugierig und klettern hoch. Dann stehen sie oben vor dem zu niedrigen Geländer und sind nicht ausreichend geschützt. Obwohl diese Probleme bei der Planung von Brüstungen- gerade an Staffelgeschossterrassen – bekannt sind, herrscht dennoch große Unsicherheit und daraus oftmals die beschriebene Verwirrung: Hier wurde falsch gebaut und muss nachgebessert werden. Je nachdem, ob in den betroffenen Wohnungen Kinder einziehen, kommt es zu eben dieser Diskussion. Die geforderten minimale 70 cm Brüstungshöhe, die ein Kind nicht erklettern kann, kommt aus Hamburg und einem Merkblatt für Sachverständige. Da es sich bei den Umwehrungen um gemeinschaftliches Eigentum handelt, kann der Eigentümer hier nicht mitreden, es ist zudem öffentliches Recht. Schade, dass dieses Problem erst zur Abnahmebegehung entdeckt wurde – dann gäbe es diese Diskussion nicht.


 Und wie stehen Sie dazu?

Die Höhe der durch Kinder zu erkletternden geschlossenen Brüstung ist nicht eindeutig festgelegt. Früher gab es Regelungen der Sachverständigenverbände von 60 cm, heute sind es 70 cm. Ich kenne Einzelfestlegungen der Bauaufsicht von deutlich unter 60 cm. Eine allgemeine Stellungnahme der obersten Bauaufsicht fordert ebenso 70 cm, wohl wissend, dass hierdurch der Blick nach draußen (Hinweis: barrierefreies Bauen!) eingeschränkt ist. Es gibt hier zwei Lösungen: Der Einbau einer durchsichtigen Scheibe bis 70 cm Höhe, oder es wird der Handlauf um 15 cm nach innen gekröpft, so dass beim Hochsteigen das Kind nicht über den Geländerholm reichen kann. In jedem Fall muss eine Veränderung erfolgen, der Gutachter kann dies so nicht „durchwinken“. Mischen Sie sich ein und erreichen Sie eine praktikable Lösung!