erschienen im Juni 2019 im Tagesspiegel
Was steht ins Haus?
Die Abnahmebegehung des Gemeinschaftseigentums unserer Wohnanlage steht an, wir haben vom Bauträger eine Einladung erhalten. Im Kaufvertrag ist geregelt, dass ein Sachverständiger eine Begehung durchführt und wir dabei anwesend sein können. Leider sind wir zu diesem Termin verhindert, haben aber eine Liste von Mängeln bzw. Fragen, die wir dort einbringen wollten. Wie können wir da verfahren? Sollen wir diese dem Bauträger zuleiten? Der Sachverständige erstellt doch dann sein Protokoll, das wir zur Abnahme vorgelegt bekommen und unterschreiben müssen.
Was steht im Gesetz?
Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums (i.W. die Hülle des Hauses) ist wie die des Sondereigentums (die Wohnung selbst) von allen Erwerbern gemäß § 640 BGB zu erklären. Im Vorfeld dieser Erklärung muss die Abnahmefähigkeit beurteilt werden: „Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden“, sieht das Gesetz vor. Die Aufnahme und Beurteilung etwa vorhandener Mängel ist damit ein zentraler Punkt, der zur Abnahme gehört. Für die eigene Wohnung ist dies klar und für jeden Erwerber selbstverständlich. Ein Großteil der Bauleistung steckt jedoch im Dach, der Fassade und den technischen Anlagen im Keller: Dies gehört allen gemeinsam, etwaige Reparaturen gehen später zu Lasten der Gemeinschaft. Zur Übernahme des Gebäudes durch die Eigentümergemeinschaft muss es also mangelfrei sein. Die Mängelaufnahme erfolgt i.d.R. durch einen von den Erwerbern beauftragten Sachverständigen. Hier werden Mängelbehauptungen aufgenommen, der Bauträger muss sich dazu äußern. Der Sachverständige bewertet die Mängel und gibt den Erwerbern eine Abnahmeempfehlung. Die eigentliche Abnahmeerklärung – auf der Basis der Mängelliste – ist alleinige Sache jedes Erwerbers und nur durch eine individuelle Vollmacht delegierbar. Eine Verpflichtung, bei der Abnahmebegehung dabei zu sein, gibt es nicht, dies ist so i.d.R. auch im Kaufvertrag geregelt. Dennoch ist es interessant, das ganze Gebäude einmal kennen zu lernen.
Und wie stehen Sie dazu?
Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums wird häufig als lästig und unbedeutend dargestellt. Genau das Gegenteil ist richtig! Undichte Balkone, nicht funktionierende Heizungstechnik oder lieblose Fassadenarbeiten müssen für die Gemeinschaft bemängelt werden. Ob die Liste des Sachverständigen vollständig ist, können Sie möglicherweise nur schwer überprüfen. Der Bauträger wird Ihre Punkte sicherlich kennen, ggf. gehen sie aber unter, bis das Abnahmeprotokoll gefertigt ist. Daher sollten Sie die Mängelpunkte, die Ihnen wichtig sind, zur Mängelliste, die Ihnen zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums vorgelegt wird, dazu heften. Etwaige Doppelungen sind unschädlich, fehlende Punkte aber ärgerlich. Es genügt, einen Mangelpunkt nur durch einen Erwerber aufnehmen zu lassen, er wird in jedem Fall beseitigt.
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