Erschienen im Januar 2023 im Tagesspiegel.
Was steht ins Haus?
Bei den Abnahmen unserer neuen Wohnung gab es eine Begehung des Gemeinschaftseigentums und zur Wohnungsübergabe eine Besichtigung der Wohnung selbst. Alles erschien uns gründlich, die Bauleitung war engagiert und hatte alle Mängelpunkte aufgenommen. Dennoch wurde jetzt, ein Jahr Übergabe festgestellt, dass Abdichtungen an den Terrassen im Dachgeschoss so fehlerhaft waren, dass hier nun ein Gerüst steht und monatelang gewerkelt wird. Das ist ärgerlich, wieso werden solche Mängel nicht bei den Abnahmen entdeckt? Kann hier nicht gründlicher geschaut werden?
Was steht im Gesetz?
Sie sprechen einen wunden Punkt in der Bauorganisation an: Wann werden Mängel entdeckt, geschieht dies rechtzeitig? Können Mängel nicht gründlicher in der Bauzeit beseitigt werden, als später, wenn bereits alles fertig ist? Eine Mangelbeseitigung nach dem Bezug des Hauses führt immer zu Ärger, oftmals auch zu Streitereien. Für die Baufirma bedeutet es in jedem Fall Mehraufwand, oftmals wird der Gewinn aufgezehrt. Und dennoch wird dieses Risiko i.d.R. billigend in Kauf genommen: Die Abnahmen sind nur Sicht – Begehungen. Für das Gemeinschaftseigentum, das den größten Wert des Hauses darstellt, werden regelmäßig fremde Sachverständige eingebunden, die das Gebäude erst dann zum ersten Mal sehen. Antworten auf die Frage: Wie wurde hier eigentlich gebaut, können nur berichtet, nicht aber besichtigt werden. Insbesondere Abdichtungen sind versteckt, überbaut und zur Abnahmebegehung nicht mehr einsehbar. Die sachverständige Begutachtung der „Mangelfreiheit“ bezieht sich also nur das Erkennbare: das, was ohne Bauteilöffnung gesehen werden kann. Ist gewollt, Mängel bereits in der Bauphase zu entdecken und dann gegenzusteuern, muss der Sachverständige bereits früh eingebunden werden, oftmals neben der Bauleitung. Da aber die Eigentümergemeinschaft noch nicht gebildet – nicht handlungsfähig – ist, kann sie sich nicht früh in den Prozess einbringen. Es bleibt das Vertrauen in den Bauträger mit seinen Firmen.
Und wie stehen Sie dazu?
Es ist ärgerlich, wenn kaum nach Bezug des Hauses wieder ein Gerüst aufgestellt wird. Aber: besser es steht ein Gerüst, als dass sich niemand der Sache annimmt. „Rechtzeitig“ einen Mangel entdecken bedeutet aber auch, dass der Verkäufer noch in der Pflicht ist. Bei der Abnahme nicht entdeckte Mängel gehen nicht unter. Sie unterliegen der Gewährleistung wie das ganze Haus, 5 Jahre lang. Hierbei handelt es sich nicht um „versteckte“ Mängel, diesen Begriff gibt es juristisch nicht. Jeder Mangel ist so lange „versteckt“, bis er sich zeigt. Dafür sind die 5 Jahre gemäß BGB §634a i.d.R. ausreichend. Da die Gemeinschaft bald nach der Abnahme alle Zahlungen geleistet hat, kann mit Einbehalten kein Druck mehr ausgeübt werden. Anständige Vertragspartner leisten auch so und brauchen keinen rechtlichen Hinweis.
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