Erschienen im Tagesspiegel im Januar 2020
Was steht ins Haus?
Seit Jahren habe ich meine Wohnung, in einem Gebäude aus den 1970er Jahren vermietet. Es gab nie Probleme mit Feuchtigkeit oder Schimmel. Nunmehr bilden sich an einer Außenwand dunkle Stellen, wir befürchten, dass es bald schimmelt. Es handelt sich um den Bereich hinter dem neuen Ecksofa, dort stand bisher ein Esstisch. Woher kommt denn plötzlich diese Feuchtigkeit, es wurde immer ordentlich gelüftet, auch haben die Mieter nicht gewechselt. Kann ich mich an die Verwaltung wenden, bei der Wärmedämmung handelt es sich doch um das Gemeinschaftseigentum.
Was steht im Gesetz?
Die dem Wärmeschutz von Gebäuden zugrunde liegenden Normen und Planungsvorgaben, insbesondere DIN 4108 hatten zunächst das Ziel, die Wohnraumhygiene zu gewährleisten. Ziel war also nur der Gesundheitsschutz. Nach der ersten Ölkrise wurde der Fokus auf den Wärmeschutz gerichtet: 1974 und 1977 gab es eine Normenergänzung und die erste Wärmeschutzverordnung. Zugrunde gelegt wurde ein Innenraumklima mit 20 °C und 50 % relativer Luftfeuchtigkeit – dies gilt auch noch. Die zunehmenden Wärmeschutzanforderungen führten zu immer dickeren Dämmstärken an den Außenwänden und damit zu höheren Oberflächentemperaturen an deren Innenseiten. Dies bedeutet eine größere Sicherheit gegen mögliche Schimmelbildung, die sich mit jeder weiteren Stufe der Verschärfung der später eingeführten ENEV weiter erhöht. Bei Zugrundelegung des Normklimas von 20⁰C und 50 % rel. Feuchte kondensiert die Luftfeuchte bei 9,3 ⁰C an der Wandoberfläche, zur Schimmelbildung genügen bereits 12,6 ⁰C über ein paar Tage. Es kann also auch zu Schimmelbildung kommen, wenn nicht zu wenig gelüftet wird, sondern alleine, wenn die Innen- Oberfächentemperatur der Außenwand zu stark absinkt. Dies passiert, wenn an der Außenwand eine Innendämmung angeordnet wird – z.B. ein Schrank, ein Sofa oder ein Bett gestellt wird. Dieser Effekt ist umso größer, je schlechter die Dämmung der Außenwand ist – ein Problem der Gebäude aus der Zeit vor der ersten Ölkrise.
Und wie stehen Sie dazu?
So, wie ein dicker Pullover wärmt, fällt die Temperatur von innen nach außen innerhalb der Außenwandkonstruktion nur in der Dämmung ab. Liegt die Dämmung außen, ist das Mauerwerk innen warm, liegt die Dämmung innen, ist das Mauerwerk dahinter kalt. Das vor die Außenecke gestellte Sofa wirkt wie eine Innendämmung – die Oberflächentemperatur in der Ecke sinkt deutlich ab und kann zur Schimmelbildung führen – auch bei richtigem Lüften der Wohnung! Dieser Effekt ist insbesondere bei dem vorliegenden Baujahr erheblich, die seinerzeitigen 24 cm dicken Wände dämmen weniger als die Rückenlehne des Sofas. Bitte Sie Ihre Mieter, die Möblierung zu ändern, so dass die Raumluft die Außenwand erwärmen kann. Ein Mangel am Gemeinschaftseigentum – der Außenwände – liegt nicht vor, es war ja jahrelang schadenfrei.
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.