Erschienen im August 2021 im Tagesspiegel.
Was steht ins Haus?
Wir bauen derzeit mit einem Generalunternehmer unser Einfamilienhaus; der Rohbau ist fertig gestellt, Fenster sind eingebaut und der Außenputz aufgebracht. Nun fällt uns auf, dass die Fensterfarbe nicht stimmt: Wir hatten innen weiß und außen grau ausgewählt, was gut zum eingefärbten Putz passen sollte. Die Baufirma hat sich entschuldigt, es gab ein Missverständnis bei der Fensterbestellung. Ein Austausch sei nun aber nicht mehr möglich, wir würden allenfalls eine Minderung bekommen. Ist das rechtens? Warum soll ein Austausch nicht mehr möglich sein?
Was steht im Gesetz?
Das ist eine verfahrene Situation, jetzt, da der Bau schon weit fortgeschritten ist. Ein Fenstertausch würde am Außenputz sichtbar bleibende Spuren hinterlassen. Für die Baufirma wären die auszutauschenden Fenster ein Totalverlust, da sie nicht anderweitig verwendet werden können. Vertraglich ist die Situation klar: Das geschuldete Werk liegt nicht vor. Dennoch wird gemäß BGB § 635 (3) bzw. VOB/B § 13 (6) abgewogen, ob die Mängelbeseitigung nicht unverhältnismäßig ist – der Kostenaufwand des Fenstertauschs gegen die Farbabweichung. Es wird eine Minderung vereinbart – statt Mängelbeseitigung. Dies klingt zunächst unfair. Juristisch ist das Interesse der möglicherweise hohen Kosten gegen den ggf. geringen Mehrwert einer (nur) optischen Verbesserung abzuschätzen. Die Anwendung dieser Regelung erfolgt fast nur bei optischen Abweichungen, also nicht bei funktionalen Mängeln. Es ist nicht denkbar, dass ein undichtes Dach gegen eine Minderung nicht saniert wird. Typische Beispiele sind: Falsche Fliesen (Farbe oder Formate), Fassade nicht einheitlich, bei einigen Fenstern Kippfunktion vergessen und nicht einfach nachrüstbar … Da beim Bau häufig mit GU- und Nachunternehmerkonstellation gearbeitet wird, erkennt man schnell, dass eine solche Nachlässigkeit die Hausbaufirma nicht immer trifft: Der GU greift ebenso auf die Fensterfirma zu und mindert deren Rechnung – vielleicht mehr, als Ihnen angeboten wird.
Und wie stehen Sie dazu?
Guter Rat kommt hier zu spät. Solche Pannen sind nur zu vermeiden, wenn der Fehler früh erkannt wird: Werden die Fenster gerade eingebaut, ist ein Eingreifen noch möglich. Werden die ersten (falschen) Fliesen verlegt, muss entschieden gehandelt werden. Ist der erforderliche Rückbau zeit- und kostenaufwändig, droht mit der vorgestellten gesetzlichen Regelung nur eine Minderung für Sie. Diese fällt oft nicht in der gewünschten Höhe aus. Nicht die ersparten Kosten durch den vermiedenen Fenstertausch sind das Maß, das hier zugrunde liegt, sondern eine Abwägung aller Nutzwert-Eigenschaften des Fensters zur Farbabweichung: Das Fenster ist dicht, es dämmt und man kann durchschauen. Welchen Minderwert hat also die nicht ganz erreichte Farbe des äußeren Rahmens? Hier erwartet Sie dann die nächste Enttäuschung.
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