erschienen im Tagesspiegel am 29.02.2020
Was steht ins Haus?
Wir sind eine Eigentümergemeinschaft einiger Häuserblöcke aus den 1960er Jahren. Die Gebäude sind noch im bauzeitlich unveränderten Standard: Bestands- Holzfenster, ca. 24cm dicke, ungedämmte Wände. Aus der Gemeinschaft wird nun gefragt, ob es nicht sinnvoll wäre, die Giebelwände zu dämmen. In einigen Wohnungen bildet sich im Winter Schimmel, auch erhoffen wir uns eine Heizkosteneinsparung. Lohnt es sich wirtschaftlich, diese Bereiche zu dämmen und bekommen wir vor allem die Schimmelproblematik in den Griff? Müssen wir uns an die Vorgaben der ENEV halten?
Was steht im Gesetz?
Es ist grundsätzlich richtig, die Häuser zu dämmen. Jedoch müssen zunächst die bauphysikalischen Gesetze und dann die rechtlichen Anforderungen beachtet werden. Werden nur einzelne Außenwände gedämmt, ist die angrenzende nicht gedämmte Außenwand circa 5 mal schlechter isoliert, für die Fenster gilt etwa Faktor 7. Es stellt sich die Frage, welcher Wärmeschutz dann für die Bewohner gilt? Eine gute Außendämmung bedeutet geringeres Heizen, auch kann die kritische Raumluftfeuchtigkeit höher liegen als im ungedämmten Gebäude. Das heißt, dass die Übergangszonen „gedämmt zu nicht gedämmt“ und insbesondere die alten Fenster zu Bereichen einer „sicheren“ Schimmelbildung werden. Die Wohnungen können im Winter nicht mehr beherrscht werden, auch sind dann Ratschläge, wie zu heizen ist, nicht möglich: Es wird die Regel, dass nur die Fenster die Zonen der schlechtesten Dämmung darstellen, durchbrochen. Wenn sich bei ansteigender Raumluftfeuchtigkeit Tauwasser bildet, entsteht das zunächst an den Fenstern – dies ist der einzige sichtbare Indikator. Die ENEV stellt Anforderungen an die Güte der Dämmung, die einzuhalten sind, auch ist ein Gesamt- Energie Nachweis für das Gebäude zu führen – dabei kommt das Thema der Fenster mit zum Tragen. Weiterhin verlangt die Lüftungsnorm DIN 1946/6 eine nutzerunabhängige Wohnungslüftung, wenn mehr als 1/3 der Fenster getauscht werden, da die neuen Fenster dichter als die alten sind.
Und wie stehen Sie dazu?
Schimmelbildung in alten, aber baulich unveränderten Gebäuden entsteht i.d.R. durch falsche Möblierung bzw. ungenügende Beheizung. Diese Häuser haben eine geringe Dämmung der äußeren Hülle und damit geringe Oberflächentemperaturen an den Außenbauteilen. Zur richtigen und sinnvollen Ertüchtigung muss die gesamte Hülle verbessert werden: Fenster und Fassade! Zugleich müssen Sie eine nutzerunabhängige Wohnungslüftung einbauen, da das Haus nunmehr völlig dicht ist. Nur so halten Sie die gesetzlichen Vorschriften ein und bekommen ein bauphysikalisch fehlerfreies Gebäude! Wirtschaftlich ergibt sich durch die Einsparung leider eine sehr lange Amortisationsphase, das sollte aber für die WEG kein Ausschlusskriterium sein. Stellen Sie einen Investitionsplan auf und beginnen Sie zeitig, Rücklagen zu bilden.
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