Erschienen im August 2023 im Tagesspiegel.
Was steht ins Haus?
Seit einem Jahr wohnen wir in unserer neuen Wohnung im ruhigen Grünen. Das Haus ist nunmehr bezogen, eine Familie mit kleinen Kindern wohnt über uns. Bisweilen hören wir Kindergeschrei und das Trampeln der Kleinen, zumeist aber dumpfe Geh – und Polter-Geräusche. Es ist nur störend, wenn es bei uns selbst ruhig ist. Da wir früher im Dachgeschoss gewohnt haben, ist diese Erfahrung neu – wir sind erstaunt, da es sich ja um einen Neubau mit „erhöhtem Schallschutz“ handelt. Kann es sich um einen Mangel handeln, dem wir nachgehen müssen? Was können wir tun?
Was steht im Gesetz?
Schallschutz ist in erster Linie der Schutz der Privatsphäre – diese soll geschützt werden. Also dürfen Unterhaltung, Gespräche und die Stimmen nicht verstanden werden. Gespräche liegen im Frequenzbereich bis ca. 2-3.000 Hz. Baulich wird der Schallschutz durch einschalige „dicke Wände“ oder mehrschalige Systeme erreicht. Es können jedoch nicht alle Frequenzen gleichermaßen absorbiert werden. Die Bezugskurve, die für das Maß der Schalldämmung (dB(A)) zugrunde liegt, berücksichtigt die tiefen Frequenzen unter 100 Hz nicht. Damit wird baulich beim Schallschutz insbesondere bei mehrschaligen Wänden und Decken stärker Wert auf die höheren Frequenzen gelegt, zulasten der niedrigen. Damit wird das Sprachverständnis zwischen den zu schützenden Räumen vermieden, tiefe Töne können/ dürfen dagegen eher wahrgenommen werden. So können Sie eine laute Kinderstimme kaum hören, wohl aber Gehgeräusche auf einem harten Fußbodenbelag. Dazu kommt noch die Außengeräusch – Kulisse, die entweder mit einem Grundrauschen die Haus – interne Lärmquelle überlagert oder völlig wegfällt: Die gut gedämmte Außenhülle schirmt vor Außengeräuschen ab. Dann werden die internen Geräusche überdeutlich gehört. Die heutigen Schallschutzanforderungen an den Luftschall (direkte Schallübertragung) und den Trittschall (Übertragung über die Bauteile) wurden in den letzten Jahren ständig erhöht, auch durch Rechtsprechungen zu erhöhtem Komfort
Und wie stehen Sie dazu?
Im Miteinander ist es nie völlig ruhig. Es gibt zu viele Geräuschquellen: Nachbarn, Installationen und die Außenkulisse. Die hohen Wärmedämmungen mit dicken Konstruktionen und Dreifachverglasungen der Fenster führen auch zu einem guten Schallschutz von außen. Im Inneren der Häuser ist es dann still. Unterscheiden Sie die höheren Frequenzen der Stimmen von dumpfen Gehgeräuschen. Letzte sind eher zulässig, da sie nicht die Privatsphäre bestimmen. Störend sind beide, zumal der Verursacher hier ein Nachbar ist, der sich der Situation oftmals nicht bewusst ist. Ob ein Mangel vorliegt, kann nur durch Messungen beantwortet werden. Durch die zugrunde liegenden Frequenzbänder kann man auch bei richtiger Bauweise den Nachbarn hören (dürfen). Aber nur eine Messung gibt Ihnen Sicherheit und „Ruhe“ für diesen Fall.
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