Erschienen im Oktober 2023 im Tagesspiegel.
Was steht ins Haus?
An unserem Mehrfamilienhaus, ein Altbau aus ca. 1950 ist die Dachdeckung erneuerungsbedürftig: Ziegel, Rinnen und Fallrohre müssen erneuert werden. Nun kam in der Eigentümergemeinschaft die Idee auf, den Rohboden zum Ausbauen zu verkaufen und so das Dach quasi umsonst saniert zu bekommen. Das klingt gut, bedeutet aber sicherlich einen großen Eingriff in die Bausubstanz: Leitungen müssen verlängert werden, die Fassade wird ergänzt, sicher muss auch die Statik überprüft werden. Was bedeutet das für uns, die wir schon lange im Haus wohnen, lohnt es sich?
Was steht im Gesetz?
Es ist verlockend, Dachgeschosse von Altbauten auszubauen oder neue Wohnungen auf Flachdächer zu setzen. Vielfach wurden diese Flächen bereits bei der Teilung des Hauses berücksichtigt und es liegt hierfür ein Grundbuchblatt vor. Für die Eigentümergemeinschaft bedeutet der Verkauf der Flächen einen Liquiditätsschub in der WEG – Kasse und für die Stadt zusätzlichen Wohnraum. Der Ausbau des Dachbodens zu Wohnraum bedeutetaber auch einen tiefen Eingriff in die Gebäude- Versorgungsstruktur. Hausanschlüsse müssen ggf. leistungsmäßig erweitert, insbesondere Leitungen und Treppenhäuser verlängert werden. Die Versorgungsschächte des letzten Geschosses werden nach oben erweitert, die neuen Leitungen hier angeschlossen. Die Dachform ändert sich, Rinnen, Fallleitungen werden erneuert, ggf. kommen zusätzliche durch Dachterrassen hinzu. Für das (Alt-)Gebäude bedeutet dies einen erheblichen Eingriff, ggf. muss ein Aufzug nachgerüstet werden. Die Bewohner des obersten Geschosses bekommen neue Nachbarn oben drüber. Die Eingliederung des neuen Dachgeschosses erfordert zahlreiche technische Abstimmungen, denn es wird Teil des nunmehr erweiterten Gemeinschaftseigentums. Es ist also erforderlich, sicher zu stellen, dass hier keine Mängel entstehen, die später der Gemeinschaft „auf die Füße fallen“. Dazu bedarf es einer sorgfältigen Kontrolle der neuen Baumaßnahme, die organisatorisch nicht einfach umsetzbar ist.
Und wie stehen Sie dazu?
Für die Gemeinschaft sind die Vorteile aus dem DG- Ausbau gegen etwaige Nachteile abzuwägen: Eine einmalige zusätzliche Liquidität steht gegen eine dauerhafte Veränderung des Hauses, insbesondere der Bewohner des obersten Geschosses. Ggf. kann ein Aufzug auch untere Etagen erschließen. Ebenso kann sich die Notwendigkeit einer Strangsanierung ergeben, wenn festgestellt wird, dass das Anbinden der neuen Leitungen an alte System aus Verschleißgründen nicht möglich ist. Zu klären und zu vereinbaren ist in jedem Fall, dass die Gemeinschaft die „Kontrollhoheit“ für das neu entstehende Gemeinschaftseigentum behält: Mängel an Dachterrassen und Dachabdichtungen gehören zu den häufigsten Problemen und den teuersten Sanierungen. Das alles wirksam zu verankern ist die Herausforderung beim Verkauf des Rohbodens.
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