Erschienen im Januar 2024 im Tagesspiegel.
Was steht ins Haus?
Wir wohnen nun seit fast zwei Jahren in unserer neuen Wohnung und beobachten, wie die Fugen zwischen den Sockelleisten am Parkett und den Fliesen in Küche und Bad immer breiter werden. Der Fußboden senkt sich offenbar ab, einige Silikonfugen sind schon aufgerissen. In den Ecken ist der Spalt deutlich breiter und im Bad haben wir Sorge, dass da Wasser reinläuft und zu Schäden am Haus führt. Wann ist dieser Vorgang beendet, wie weit öffnet sich dieser Spalt noch, bricht der Estrich durch? Was können wir machen, müssen wir uns an den Bauträger wenden?
Was steht im Gesetz?
Der ca. 5 cm dicke Estrich wird schwimmend auf Schalldämmung aufgelegt ist. Der Beton (oder Estrich) schwindet nach dem Abbinden, d.h. er verkürzt sich. Dieser Prozess dauert einige Jahre und erfolgt umso schneller, wenn der Estrich an der Luft austrocknen kann. Der Estrich wird auf die mit einer Folie abgedeckte Dämmung gegossen und kann dann vor allem nach oben austrocknen. In der Folge (=Schwinden) zieht er sich oben zusammen, wölbt sich an den Rändern und verstärkt in den Ecken auf. Zu diesem Zeitpunkt werden der Fußboden und die Fliesen verlegt – die Fußleisten kommen in der Höhe des aufgewölbten Estrichs an die Wände. Wird nun geheizt, trocknet der Estrich allmählich auch nach unten aus. Die Rand- und Eckenaufwölbungen senken sich ab – die Fugen zum Sockel öffnen sich, das Silikon reißt auf. Dieser Effekt ist stärker, je feuchter der Estrich eingebaut wird (größeres Schwindmaß) und je früher der Bodenbelag verlegt wurde. Es handelt sich um einen einmaligen Vorgang, der beendet ist, wenn sich der Estrich zurückgestellt hat. Da im Bad die Abdichtung auf dem Estrich aufgebracht wird, kann diese – auch bei sorgfältiger Ausführung – infolge hohen Schwindens Schaden nehmen. Die elastischen Fugenversiegelungen, ob am Parkett oder Fliesenboden, sind i.d.R. nicht in der Lage, große Schwindverformungen schadlos aufzunehmen: Vor allen reißen die Fugen in den Ecken, sie müssen ausgetauscht werden.
Und wie stehen Sie dazu?
Die Randfugen der Fußböden sind schon bei der Abnahme der Wohnungen ein Problem, da sie selten völlig gleichmäßig und oftmals optisch auffällig sind. Sie sollen eher schmal sein, was gleichmäßig kaum herstellbar ist. Dazu kommt die unvermeidbare Verformung durch das Rückstellen des Estrichs aus dem Schwinden. Eine Versiegelung der Fugen ist also nicht immer sinnvoll – und optisch nach ein paar Jahren unschön. Es hilft also nichts: Die breit geöffneten elastischen Fugen sind auszutauschen. Die Alternative, die Sockelleisten tiefer zu setzen, kommt kaum infrage, dann müssten die Wände neu gestrichen werden. Bei breiten Fugenöffnungen im Bad kann die Abdichtung unter den Fliesen betroffen sein, dann ist dringend geboten, nachzuschauen. Sprechen Sie den Bauträger an und lassen Sie sich nicht abwimmeln!
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