erschienen im Juni 2019 im Tagesspiegel
Was steht ins Haus?
Unsere Hausbaufirma kommt mit dem Bau nicht voran. Bereits beim Rohbau wurden zugesagte Zwischentermine nicht eingehalten, nun klemmt es bei der Heizungs- und Elektroinstallation. Unsere Sonderwünsche wurden nicht umgesetzt, die Bauleiterin hat zudem bei der Baufirma gekündigt. Der Einzugstermin ist bereits um 3 Monate überschritten, auf der Baustelle fehlt es an allen Ecken und Enden. Wir wollen nun kündigen und die Fertigstellung selbst in die Hände nehmen. Wie können wir hier vorgehen? Müssen wir die Mängel aufnehmen und den Bautenstand festhalten?
Was steht im Gesetz?
Als Auftraggeber können Sie jederzeit kündigen, sie sollten dies jedoch rechtlich klären und sich beraten lassen. Schließlich hat die Baufirma mit der Durchführung des Auftrags kalkuliert und lässt sich nicht ohne „Strafe“ aus dem Vertrag werfen: Der Firma steht die Vergütung zu, nicht geleistete Aufwendungen können gegengerechnet werden. Liegt allerdings ein Verschulden vor, d.h. Arbeitseinstellung oder das Überziehen von vertraglich zugesicherten Terminen, kann ggf. auf dieser Basis eine Kündigung ausgesprochen werden. In jedem Fall muss dazu die erbrachte Leistung bewertet werden. Diese Bewertung muss auf der Basis der vertraglichen Vereinbarung erfolgen, nur so kann überprüft werden, wie erfolgte Zahlung und Bautenstand zueinander stehen. Bei einem Hausbauvertrag sind i.d.R. bis auf wenige Sonderwünsche keine Einzelpreise für die Bauleistungen ausgewiesen. Die Vergütung erfolgt nach 1 Stück Haus zu einem Pauschalpreis. Die MABV- Raten bzw. Abschlagszahlungen geben einen Anhalt für die jeweilige Leistungsbewertung, entsprechen aber häufig nicht den tatsächlich erbrachten Leistungen. Es ist also eine genaue und detaillierte Feststellung des Bautenstandes vorzunehmen und jedes einzelne Bauteil kostenmäßig zu bewerten. Dazu muss ein Leistungsverzeichnis, als würde man den Hausbau an Einzelgewerke vergeben, erstellt werden. Die einzutragenden Preise müssen dann die vertragliche Pauschale ergeben.
Und wie stehen Sie dazu?
Der Auftraggeber darf den Vertrag jederzeit kündigen, aber: Dem Vertragspartner steht zumindest der kalkulierte Gewinn zu. Hat die Baufirma vertragliche Zusicherungen (z.B. Termine) nicht eingehalten, muss zuvor gemahnt und eine Vertragsauflösung angekündigt werden. Das sind rechtlich und formal sehr hohe Hürden! Der Bautenstand und die Mängel müssen akribisch aufgenommen und getrennt voneinander erfasst werden. Dies sollte in Gegenwart der Baufirma erfolgen, ggf. ist auch eine formale Abnahme der Leistung erforderlich. Erst anhand des detailliert dokumentierten Bautenstands können erbrachte und noch offene Leistungen richtig bewertet werden. Ob sich dieser Aufwand lohnt, ist oft zweifelhaft. Sicher ist jedoch, dass auf diesem Weg viel Geld verbrannt wird, das später beim Selbst-Weiterbau fehlt.
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