Fassadensanierung Altbau – Wände austrocknen lassen!
Ausgangssituation
Das alte Industriegebäude mit der erhaltenswerten Ziegelfassade und Putzspiegeln wurde seit Jahren als Büro genutzt und sollte nun zum Mieterwechsel innen und außen gründlich saniert werden.
Mit dem Auszug der Mieter wurden im Juni zunächst die Innenflächen überarbeitet. Der alte Putz wurde abgenommen und ein neuer Kalkzement – Innenputz wurde aufgebracht.
Die Ziegelfassade wurden im Spätsommer überarbeitet, Putzflächen und alte Ziegel wurden ersetzt und die seit Jahren offene Verfugung erneuert. Ebenso wurden die bauzeitlichen Holzfenster durch moderne Alu- Fenster ersetzt – die Fassade wurde schlagregendicht ertüchtigt und luftdicht geschlossen.
Das Gebäude war saniert, die Vermietung konnte beginnen.
Im Dezember wurden erste Feuchteflecken am bis dahin durchgetrockneten Innenputz festgestellt. Mit den Wochen nahm das Phänomen zu, Leibungen, Brüstungen – die gesamte Außenwandflächen zeigten starke Durchfeuchtungen auf. Im obersten – dem 2. Obergeschoss war dies deutlicher, als im genauso sanierten 1. Obergeschoss.
Untersuchungen
Die innenseitige Durchfeuchtung kam völlig überraschend. Der Einzug des neuen Mieters wurde gestoppt.
Das Raumluftklima war unauffällig, die Baufeuchtigkeit aus dem frischen Innenputz war längst getrocknet, die Räume wurden seit Auftreten der Putzverfärbungen gelüftet.
Der Innenputz und das frei gelegte Mauerwerk waren messtechnisch deutlich feucht.
Am alten Mauerwerk wurde mit dem Karstenschen Röhrchen die Schlagregendichtigkeit überprüft: alles i.O., die Feuchtigkeit kommt nicht außen – die Fassadensanierung war insoweit erfolgreich.
Die Ursache war zwar erkennbar, konnte aber erst durch Feuchtemessungen im Wandquerschnitt belegt werden.
Zwei Bohrkerne aus den Brüstungen (19 und 34 cm tief) wurden in Segmenten gedarrt: 6,2 und 6,9% für die dünnen Wand; 6 und 11 Masse-% Feuchtegehalt für die ca. 40 cm dicken Außenwand. Die hohen Werte liegen (wie erwartet) in Richtung der ertüchtigten Außenfassade.
Beurteilung
Der praktische Feuchtegehalt, der sich als langfristige Baustofffeuchte im Mauerziegel einstellen wird, liegt bei etwa 1,5 Masse %. 1% entspricht dabei ca. 18 Liter Wasser je m³ Mauerwerk. Weniger Wasser kann ein Mauerwerk nur bei mechanischer Trocknung enthalten, anschließend wird es jedoch diesen Ausgleichszustand wieder annehmen.
Anhand der Messergebnisse ergeben sich die vorhandenen Wassermenge:
- Für die ca. 20 cm dicke Brüstung mit im Mittel 6 Masse %: ca. 20 l je m²
- Für die ca. 40 cm dicke Wand mit im Mittel 9 Masse %: ca. 65 l je m².
Der Anstieg der Mauerwerksfeuchte, der besonders deutlich bei der dicken Wand ausfällt, deutet auf die Quelle der Wasserbeanspruchung: Die vor der Sanierung nicht schlagregendichte Fassade hat das dahinter liegende Mauerwerk vollständig durchfeuchtet. Neue Feuchtigkeit dringt nach der Fassadenüberarbeitung nicht mehr ein, das Austrocknen der dicken Wände ist aber erschwert und erfolgt überwiegend nur noch nach innen.
Der Vergleich mit den Feuchteschäden im darunter liegenden 1. Obergeschoss zeigt eine deutlich geringere Schlagregenbeaufschlagung – bedingt durch die enge Nachbarbebauung.
Die Erscheinung der feuchten Stellen am Innenputz entspricht denen bei Kellersanierungen von Altbauten, wenn die Außenwände zu früh – oder überhaupt – verputzt werden1. Auch in diesen Fällen sperrt die außenseitige Ertüchtigung der dicken Kellerwände die Austrocknung nach außen ab. Ein zu früh aufgebrachter Innenputz durchfeuchtet und stellt dann selbst wieder einen Sanierungsfall dar.
Konsequenz
Zu schnell innen dicht gemacht! Gerade beim Vollziegelmauerwerk wird die Wasser – Speicherfähigkeit der Steine unterschätzt. Allerdings gab es hier auch keine schnellere Lösung: Die Fassade musste erst außenseitig saniert, d.h. die Schlagregendichtigkeit wieder hergestellt werden. Erst danach konnte der Innenausbau weiter gehen.
Hätten die Räume im Keller gelegen und als Außenwandsanierung wäre eine neue Abdichtung aufgebracht worden, dann wäre es allen klar: Nein, keinen geschlossenporigen Putz aufbringen! Die Restfeuchtigkeit aus dem Mauerwerk muss ja noch raus – nach innen. Also Sanierputz einsetzen – oder bautechnisch besser: austrocknen lassen und abwarten.
Dies war dann auch die Empfehlung hier: Ausbau erst nach Austrocknung des Rohbaus aufnehmen! Der Innenputz aber musste größtenteils ersetzt werden.
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