Brüstungen und Abdeckungen Wasser – statt regendicht!
Veröffentlicht auf IBR Online im Februar 2022
Grundlagen
Duschwannen werden immer niedriger und kommen dem Bedürfnis, nahezu bodengleicheinsteigen zu können, fast entgegen. Oftmals werden zu den standardmäßig vorgesehenen Duschwannen die Alternative als bodengleich geflieste Duschwanne nicht angebotenen. Hier steht die Sorge etwaiger Undichtigkeiten im Vordergrund. Abdichtungen versagen jedoch nicht in der Fläche, die Schwachpunkte liegen an den Rändern, Anarbeitungen und Materialübergängen. Insofern ist eine Abwägung über die Zuverlässigkeit der Ausführung einer Duschtasse bzw. einer bodengleich gefliesten Dusche zu treffen.
Geregelt ist eine Abdichtung unter der Wanne, die Ränder werden dann elastisch versiegelt. Der Hinweis, dass diese Fugen keine Abdichtungsmaßnahme darstellen, wurde erstmals 1997 im ZDB- Merkblatt „Verbundabdichtungen“ aufgenommen, seit der Folgeausgabe 2000 wird dies mit dem Hinweis ergänzt, dass „ggf. Erneuerungen vorzunehmen sind, um Folgeschäden zu vermeiden“.
Seit der Ausgabe 2012 kann die Abdichtung unter der Wanne auch durch „Dichtbänder für den Wannenanschluss“ ersetzt werden.
Im IVD – Merkblatt 3-2 aus 2014 wird die elastische Fuge „im Allgemeinen als Wartungsfuge“ betrachtet und die Abdichtung durch ein Wannenrand- Dichtband vorgenommen.
Dies wurde so in die Innenabdichtungs- Norm DIN 18534/1 aus 2017 unter 8.5.2 übernommen. Bei der Abdichtung unter/ hinter der Wanne wird in der Norm ergänzend zum parallel 2019 erschienenen ZDB- Merkblatt unter 8.5.2 aufgenommen, dass „ggf. eine Unterflur-Entwässerung“ anzubringen ist.
Zur Revisionsfähigkeit des Bereichs unter der Wanne ist nichts festgeschrieben – und wird baupraktisch nichts ausgeführt.
Schäden und Versagensrisiko
Abreißende Silikonfugen an den Dusch- und Badewannenrändern sind an der Tagesordnung. Die Beanspruchungen können auch nicht durch die voll gefüllte Wanne beim Einbau dauerhaft vermieden werden – ganz zu schweigen von den flachen Duschwannen. Wird die Wanne auf den Estrich gestellt, ist das Rückstellen des aufgeschüsselten Estrichs zu beachten – hier kommt es unvermeidbar zur Überdehnung der elastischen Fuge.
Bild 2
Das Duschwasser läuft an den Wandfliesen herab und durch die abgerissene Fuge unter die Wanne. Dort staut sich das Wasser auf. Ist die Abdichtung unter der Wanne fehlerfrei, dann drückt sich das Wasser unter die Bodenfliesen – oftmals wird dies erst am Badezimmerübergang zum Flur sichtbar.
Die Bewohner sind alleine gelassen, können die Problematik und die Brisanz der Folgen nicht erkennen. Je nachdem wie verbunden sich der Bewohner mit der Wohnung fühlt, wird er die Fuge „gelegentlich mal neu machen“ – oder es nicht dem Vermieter melden.
Durch den regelmäßigen Gewährleistungsausschluss für die elastischen Fugen fühlt sich niemand zuständig – das Problem mit den großen Folgen wird weder erkannt, noch ernst genommen.
BGH-Urteil zur Fugenabdichtung
Bislang wurden die Wasserschäden aus den undichten Wannenrandfugen über die Gebäudeversicherung als „Leitungswasserschaden“ reguliert. Dies hat nun der BGH mit Urteil IV ZR 236/20 vom 20.10.2021 gekippt. Der BGH verneinte eine Regulierungspflicht, da bei einer undichten Fuge am Duschtassenrand „Wasser nicht aus Rohren der Wasserversorgung ausgetreten ist“.
Mit dieser völlig verständlichen Argumentation sind die Abdichtungsmaßnahmen unter den Wannen und an den Wannenränder neu zu bewerten:
⦁ Welche Bauweise ist anzuwenden, damit Schäden sicher vermieden werden?
⦁ Können Bauweisen, die bei üblichen Schadenseintritten zu nicht versicherbaren Schäden führen, (noch) unreflektiert ausgeführt werden?
⦁ Ist es nicht eine Planungsaufgabe, eine sichere Bauweise vorzuschlagen, die den Nutzer in seiner Wartungspflicht nicht überfordert?
⦁ Kann eine Bauweise mit einer Abdichtung unter der Wanne, die nicht einsehbar oder revisionsfähig ist, als sicher und dauerhaft bezeichnet werden?
⦁ Welche Hinweise geben die einschlägigen Normen und Merkblätter dazu?
Abdichtungen unter der Wanne und Randausbildung – eine sichere Bauart?
Diese Bauart ist, seit Wannen eingefliest werden, problembehaftet. Die früher üblichen Rewi- Klappen als einsilikonierte Fliese mit Poresta- Trägerausschnitt und Magnet- Befestigung hat ausgedient. Diese Öffnung war weder ausreichend für Reparaturen, noch kam es zu regelmäßigen Inspektionen – daher wurde sie zum Auslaufmodell. Bei den heutigen flachen Duschtassen ist keine seitliche Zugänglichkeit mehr möglich.
Die Probleme blieben. Statt praktikable Lösungen umzusetzen, wurde immer stärker betont, dass elastische Fugen keiner Gewährleistung unterliegen.
Tatsächlich gibt es hierfür das Wannenranddichtband, das seit 2012 im ZDB- Merkblatt aufgenommen ist. Damit wird die Verbundabdichtung unter den Wandfliesen an den Wannenrand angeschlossen – eine zusätzliche Abdichtung unter der Wanne ist nicht mehr erforderlich – und wird nicht gefordert.
Das breite Dichtband wird oben gegen die Wand – die Verbundabdichtung – geklebt und unten auf der anderen Seite an den Wannenrand. Ein zusätzliches Schnittschutzband verhindert, dass beim späteren Wechseln/ Herausschneiden der elastischen Fuge das Dichtband beschädigt wird.
Damit ist die Abdichtung durchgehend ausgeführt: An der Wand ablaufendes Duschwasser gelangt von der Verbundabdichtung in die Wanne. Auch das fehlende Verschließen des Ringspaltes zwischen Armaturdurchführung und Fliese (nur mit Silikon ausführbar) führt hier nicht zum Wassereintritt unter der Wanne – die Verbundabdichtung entwässert über den Wannenrand.
Eine zusätzliche Abdichtung unter der Wanne ist entbehrlich, da hier kein Wasser eintreten kann.
Zur alternativen Ausführung – keine Abdichtung am Wannenrand (lassen wir gedanklich die elastische „nicht- Abdichtungsfuge“ weg) – gibt DIN 18534/1 den entwässerungstechnisch richtigen Hinweis: „Fortführen der Abdichtungsschicht unter und hinter der Wanne ggf. mit Unterflur-Entwässerung“. Dann führt diese Ebene der (Verbund)Abdichtung planmäßig Wasser und muss einen Ablauf bekommen. Nur so kann der seit 2000 im ZDB- Merkblatt aufgenommen Hinwies „der Vermeidung von Folgeschäden“ umgesetzt werden.
Der Verweis in DIN 18534/1 unter Pkt. 6.4 „Auf die Entwässerung der Abdichtungsschicht kann verzichtet werden, sofern diese nicht wasserführend ist“, gilt hier nicht und aus dem „… ggf. mit Unterflur-Entwässerung“ wird eine verpflichtende Notwendigkeit. Nur so kann das planmäßig anfallende Wasser abgeleitet werden.
Schlussfolgerungen
Wie auch bei anderen Bauteilen sind elastische Fugen weder eine Abdichtung, noch dauerhaft dicht. In jedem Fall ist eine wasserführende Dichtebene unterhalb dieser Fugen anzuordnen und zu entwässern. Wird dieser Aufwand gescheut, gibt es alternative Lösungen, wie den Wannenrand abzudichten oder gleich auf wannenlose bodengleiche Duschen umzuschwenken. Die Schäden durch abgerissene Randverfugungen, die bislang über die Gebäudeversicherungen reguliert wurden, müssen nun (endlich) planerisch abgestellt werden.
Quellen:
[1] BGH Urteil IV ZR 236/20 v. 20.10.2021 und IBR 2022, 44 – online
[2] ZDB- Merkblätter „Verbundabdichtungen“ 1997 – 2019
[3] IVD – Industrieverband Dichtstoffe e.V.: Merkblatt 3-2: Konstruktive Ausführung und Abdichtung von Fugen in Sanitär- und Feuchträumen. 2014
[4] DIN 18534/1- Abdichtung von Innenräumen. 07/ 2017
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