Anspruchsvolle Betonsohle: Nachbehandlung!
veröffentlicht in 2013 auf ibr-online
Einleitung
Aus Beton gefertigte große Hallensohlen müssen eben, glatt und rissefrei sein. Durch einen sorgfältigen Einbau, fachgerechte Verdichtung und ordnungsgemäße Nachbehandlung können völlig glatte, hochfeste und nahezu wartungsfreie Oberflächen erreicht werden. Der Arbeitsablauf ist zu planen, die ausführende Firma muss dies gewissenhaft umsetzen – dann ist die fertig gestellte Rohbausohle gleichzeitig das gewünschte Endprodukt.
Fall
Im vorliegenden Fall der Sanierung einer Sanierung wurden für eine Hähnchenmastanlage mit zwei gleichen Ställen 100 x 25 m große Betonsohlen geplant, deren Oberflächen nur Flügel geglättet werden. Diese Ställe werden mit Landmaschinen und Radladern befahren, um die Anlagen vor- und nachzubereiten. Eine geschlossene und rissefreie Oberfläche ist erforderlich, um bei den ca. 10 Umläufen pro Jahr keine Zeit mit Instandsetzungen zu verlieren. Bei der Errichtung der Stallanlagen werden Außenwände und das leichte Dach vorgezogen, erst dann werden die Sohlen eingebracht, dann das Dach gedämmt.
Die 2.500 m² großen Sohlen der beiden Hallen wurden ca. 20 cm dick in Feldgrößen von ca. 25 x 12,5 m betoniert. Die Fugen wurden als Sollrissfugen vorgegeben und haben sich auch entsprechend eingestellt. Nach einem jeweils 15 stündigen Betoniertag erfolgte das Flügelglätten jedoch zu spät und so ungenügend, dass die Oberflächen beider Hallensohlen uneben waren, das Ergebnis war nicht akzeptabel. Die gesamten Flächen beider Hallen waren zu überarbeiten.
Der Sanierungsvorschlag sah das Aufbringen eines ca. 15 mm dicken Hartstoffestrichs vor, die Oberfläche war wiederum mit einem Flügelglätter abzuziehen.
In der Halle 1 war die Dachdämmung zwischenzeitlich eingebracht, die Belüftungsfenster eingebaut, in Halle 2 war das Dach lediglich regendicht geschlossen, die Fensteröffnungen noch im Rohbauzustand – offen.
Die Sohlen wurden kugelgestrahlt und einen Tag vor dem Einbringen des Estrichs –nach Herstellervorgaben – kräftig vorgenässt. Am Morgen des nächsten Tages begannen die Arbeiten: Ein warmer Sommertag, Temperaturen bis 25°C, Halle 1 gedämmt und zugluftfrei, Halle 2 gut durchlüftet. Der Estrich wurde vor Ort angemischt, eingebracht und geglättet.
Die Oberflächen beider Hallen sahen unmittelbar nach der Sanierung mangelfrei aus, die Überarbeitung schien gelungen. Nach zwei Wochen jedoch zeigten sich in der Halle 2 Risse, die sich krakeleeförmig über nahezu die gesamte Sohle erstreckten (Bild 1). Die Schollen, die sich abgrenzten, waren ca. 20 x 30 cm groß, die Rissbreiten lagen bei 0,1 – 0,15 mm (Bild 2). An allen Rissen lag die aufgebrachte Estrichschicht hohl und ließ sich nahezu mühelos ablösen (Bild 3)
Die Sanierung in der Halle 1 erfolgte gleichermaßen, ebenfalls bei warmem Sommerwetter – es kam zu keiner Rissbildung, der Hartstoffestrich haftete auf der vorbereiteten Sohlenoberfläche – die Sanierung war erfolgreich.
Fehleranalyse
Was war die Ursache der gleichartigen Sanierungen, die bei der Halle 2 eine weitere Überarbeitung erforderlich machte?
Anhand des Rissbildes war die Ursache klar: Ungeordnete Risse, schnell nach dem Aufbringen des Estrichs entstanden, Ablösung der aufgebrachten Schicht. Die Verformung, die zur flächigen Rissbildung geführt hat, lässt sch anhand der Rissbreiten (0,1–0,15 mm) und der Rissabstände (20-30 cm) eingrenzen: 0,1 mm/ 0,3 m bis 0,15 mm/ 0,2 m: 0,33 bis 0,75 mm/ m. Dies entspricht sehr gut dem Schwindmaß von zementgebundenen Materialien bei hohen w/z- Werten.
So wird auch klar, wieso es in der Halle 1 zu keinem Schaden kam: Das Hallendach war gedämmt, die Lüftungsöffnungen geschlossen, Zugluft konnte nicht entstehen. In Halle 2 kam es zu starker Aufheizung und Zugluft, die an der Oberfläche des Estrichs den schnellen Schwindvorgang auslöste, bevor das Material seine Festigkeit aufbauen konnte.
Es war die mangelhafte Nachbehandlung und die Missachtung der allgemein bekannten Tatsache, dass gerade dünne hydraulisch abbindende Flächen vor zu schneller Austrocknung geschützt werden müssen. VOB/C für Estricharbeiten weist unter 3.1.2 darauf hin, dass „bei ungeeigneten klimatischen Bedingungen, z.B. bei Zugluft besondere Maßnahmen zu ergreifen sind.“ In den früheren VOB/C- Ausgaben wird von „Zugluft im nicht geschlossenen Bauwerk“ gesprochen: Es ist allgemein bekannt, dass die Fenster im Gebäude eingebaut – und geschlossen sein müssen, während der Estrich austrocknet.
Lösung
Anhand der o.a. Verformung war die Zuordnung zum Schwindmaß eindeutig und das Ablösen des in Schollen gerissenen Hartstoffestrichs erklärbar. Halle 1 konnte in Betrieb gehen, in Halle 2 musste der gesamte Estrich abgestoßen bzw. kugelgestrahlt werden, anschließend erfolgte die Sanierung der Sanierung baugleich. Das Dach war nunmehr fertig gestellt, die Lüftungsöffnungen verschließbar – und das warme Sommerwetter vorüber.
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