Erschienen im Dezember 2021 im Tagesspiegel.
Was steht ins Haus?
Unsere Hausverwaltung hat für die Begehung zum Ablauf der Gewährleistung unserer Wohnanlage einen Sachverständigen eingeschaltet, der zahlreiche Mängel aufgenommen hat. Die Kommunikation mit unserem Bauträger ist schwierig, es gibt einige Mängelpunkte, für die es keine einvernehmliche Klärung gibt. Nun wurde ein Schiedsgutachter vorgeschlagen, der sich statt eines Gerichts, der Sache annehmen soll. Ist das sinnvoll und kommen wir so zu unserem Recht? Schließlich wollen wir kein aufwendiges und teures Verfahren, bis die Mängel endlich abgearbeitet sind.
Was steht im Gesetz?
Ein Bauprozess, in dem es um Mängel geht, ist stark Technik geprägt. Das Gericht bestellt einen Sachverständigen, der die Mängelpunkte bewertet und ein Gutachten erstellt. Wenn es keine weiteren juristischen Differenzen gibt, kann dieses Gutachten zum Urteil werden. Dieser Gedanke liegt einer Schiedsgutachtervereinbarung zugrunde. Ein Gerichtsgutachter wird von beiden Parteien (WEG und Bauträger) gemeinsam mit der Mängelbewertung beauftragt und beide Parteien unterwerfen sich dessen Schiedsspruch. Das spart Zeit, Gerichts- und Anwaltskosten. Letztlich erreicht man die gleiche Qualität in der Auseinandersetzung wie vor Gericht. (Im Zweifel ist der Gang zum ordentlichen Gericht nicht versperrt, sollte aber eben vermieden werden). Der Schiedsgutachter wird unabhängig benannt (i.d.R. von der IHK), und bewertet nach einem Ortstermin die Mängelpunkte. Da er „von außen“ kommt, ist er so unabhängig, wie vor Gericht und an sein Urteil sollten sich beiden Parteien halten. Er wird von beiden Parteien beauftragt und arbeitet grundsätzlich mit einem Kostenvorschuss: Er muss unabhängig bewerten können, ohne fürchten zu müssen, dass die „unterlegene“ Partei nachher nicht bezahlt. Vermutlich werden Sie dennoch ohne juristische Hilfe nicht auskommen, denn eine Schiedsgutachtervereinbarung ist ein kompliziertes Konstrukt, das letztlich beide Parteien bindet und das „Urteil fällt“, an das sich beide halten sollen.
Und wie stehen Sie dazu?
Gehen Sie auf das Angebot eines Schiedsgutachterverfahrens ein. Lassen Sie sich einen Gutachter von der IHK vorschlagen, der bisher weder mit der Sache, noch mit dem Bauträger zu tun hatte. Sonst ist das Vertrauen schon gleich von Beginn an gestört. Er wird zahlreiche Unterlagen abfordern, um sich einzuarbeiten. Geben sie ihm alles, was von Belang sein könnte, so dass er einen umfassenden Einblick in die Baukonstruktion und die Mängelgeschichte bekommt. Vertreten Sie in der Eigentümerversammlung, gemeinsam mit dem Bauträger dieses Verfahren, so dass Sie eine umfassende Zustimmung bekommen und weisen Sie darauf hin, dass dies kein „schlechteres Recht“ ergibt – es aber schneller und kostengünstiger geht. Anschließend muss der Bauträger die als Mängel bewerteten Punkte abarbeiten und Ihnen freimelden.
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