Erschienen im November 2020 im Tagesspiegel.
Was steht ins Haus?
Vor ca. 4 Jahren haben wir eine Dachgeschosswohnung gekauft. Die Verkleidung der Dachkonstruktion und der Zwischenwände erfolgten in Trockenbauweise. Nach ca. 1-2 Jahren rissen einige Fugen dieser Trockenbaukonstruktion auf – teilweise nur ganz gering, es gibt aber auch deutlich aufklaffende Fugen. Der Bauträger, dem wird dies angezeigt hatten, sagte, es handle sich um elastische Wartungsfugen, die nicht der Gewährleistung unterlägen: Wir müssten diese selbst sanieren. Nun läuft die Gewährleistungsfrist ab, wir sehen nicht ein, dies selbst zu machen.
Was steht im Gesetz?
Die Trockenbauweise erfordert Fugen, da diese leichten Wände das Gebäude nicht aussteifen. Auch müssen Bewegungen, die gerade ein Dachstuhl mitmacht, z.B. aus Windbeanspruchung, von der Trockenbauverkleidung aufgenommen werden. Dies erfolgt i.d.R. in den Fugen, da die Platten selbst starr sind. Dazu kommen Bewegungen aus der Austrocknung des Holzes des Dachstuhls dazu. Das sind einmalige Verformungen, die nach ein paar Jahren abgeschlossen sind, es kann hier durchaus zu großen Fugenverformungen kommen. Die einfachste Art der Fugenausbildung ist das elastische Schließen mit Silikon oder Acryl. Silikon hat den Nachteil, dass es nicht überstrichen werden kann, Acryl darf eigentlich nicht beschichtet werden, da die Dispersionsfarbe nicht die Dehnfähigkeit des Acryls hat. Fugenbewegungen kann das Acryl verkraften, es reißt dann jedoch die Farbe, was wie ein Riss aussieht. Der Hinweis auf Wartungsfugen, die einen regelmäßigen Austausch durch den Nutzer erfordern, wird gerne gegeben, geht technisch jedoch fehl. Eine Wartungsfuge ist eine Fuge, die chemisch oder mechanisch so hoch belastet ist, dass sie regelmäßig überprüft und ggf. ausgetauscht werden muss. Dieser aus der Verglasungsnorm DIN 52460 übernommene Begriff wird hier gerne fehlerhaft verwendet. Die in den ersten Jahren unvermeidbaren Verformungen des Dachstuhls können als „Restfertigstellung“ angesehen werden und unterliegen der Gewährleistung.
Und wie stehen Sie dazu?
Die Gewährleistungsdauer beträgt nicht ohne Grund 5 Jahre: Das Gebäude setzt sich, trocknet aus, dadurch kommt es unvermeidbar zu Verformungen, die oft zu kleinen Rissen führen. Gerade beim Dachgeschossausbau muss dann später nachgearbeitet werden. Ggf. wären andere Ausbildungsarten der Fugen (z.B. hart verspachtelt mit Sollrissfuge, verdeckte Schattenfuge) unauffälliger gewesen. Der Verweis auf eine Wartungsfuge ist technisch falsch und zurück zu weisen. Ursache der Risse ist nicht die Fugenausbildung, sondern sind die unvermeidbaren Verformungen des Dachgeschosses. Wird fachlich richtig konstruiert, sind Fugenausbildungen denkbar, die keine Nacharbeit erfordern, weil sie ausreichende Verformungsmöglichkeiten bieten oder ein sauberer Riss entlang einer Sollrissfuge nicht als Mangel einzustufen ist.
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