erschienen auf IBR-Online im Juli 2019
Problembeschreibung
Die Brüstungshöhen von 90 cm bzw. 1,10 m sind zu hoch, als dass sie bei Freisitzen geschlossen bis nach oben geführt werden. Zudem bietet es sich an, auf die Abdeckungen Blumenkästen zu stellen oder sich bequem aufzulehnen – ein Geländer auf den Brüstungen ist i.d.R. unumgänglich.
Werden die Geländerstiele durch die waagerechten Abdeckungen (Naturwerkstein, Blech) geführt, wird die Abdichtung durchstoßen. An dieser Ausführung scheiden sich die Geister, die Planer sind häufig überfordert, die Sachverständigen haben es bei Abnahmen leicht mit ihren Hinweisen: So wie es ausgeführt wurde, entspricht es keiner Norm!
Wie aber kann das Problem einfach, sicher und mit der geforderten Dauerhaftigkeit gelöst werden?
So nicht!
Aus der nicht zu beantwortenden Frage: Wie löse ich das Problem? kommt es häufig zur Problemvermeidung: Es wird eine andere, problemlose, weil bekannte Lösung gewählt. Hier haben sich seitliche Befestigungen an den Brüstungen heraus gebildet, die jedoch häufig die architektonische Leichtigkeit nicht umsetzen können und oftmals in den Balkon ragen, d.h. Platz wegnehmen.
Wird es gewagt, die Geländerstiele durch die Abdeckungen zu führen, gibt es schier unbegrenzte Möglichkeiten, dies falsch auszuführen. Dazu gehören insbesondere „Silikon“- Lösungen, angelötete Manschetten, oder „beliebte“ Fugendichtungen mit Kompriband. Weder sind diese Materialien in den hier zugrunde zu legenden Regelwerken enthalten, noch sind sie für die Anwendungsfälle geeignet.
Wird nachgefragt, welches Material in welcher Ebene die Abdichtung darstellt, wird Handwerker, Planer und Bauleitung schnell klar, dass sie überfordert sind.
Geradezu tragisch muten dann Sanierungen an, bei denen der Planer nach einer Abnahme des Gemeinschaftseigentums aufgefordert wurde, ein regelgerechtes Detail vorzulegen:
Zur Abnahme – bemängelt und Sanierung – nicht akzeptierbar!
Welche Grundlagen?
Wird die Abdichtung durchstoßen, muss über Manschetten oder die hoch geführte Abdichtung die Dichtigkeit und Dauerhaftigkeit an dieser Stelle wieder hergestellt werden. Hier haben sich die Anforderungen der (alten) DIN 18195 und der geltenden DIN 18531 nicht verändert: Die Abdichtung ist an aufgehenden Bauteilen 15 cm über OK Belag zu führen. Weiterhin sind Lastabtragung der Geländer (Bewegungen), Temperaturverformungen und die Dauerhaftigkeit der Ausführung zu berücksichtigen.
Zunächst stellt sich die Frage, wo die Abdichtung liegt, besser gefragt: Welches ist die Wasser führende Ebene. Ist es die Abdeckung (Naturwerkstein, Betonabdeckungen oder die Verblechung), dann stellt sich Frage, wie die Dichtigkeit der Fugen dieser Abdeckung hergestellt wurde. Bei Platten oder Betonfertigteilen ist dies praktisch nicht möglich: Die Fugen müssen die Verformungen aus Temperaturdifferenzen aufnehmen. Sie können weder mit harten noch mit weichen Materialien dauerhaft dicht ausgeführt werden – auch bietet die Abdichtungsnorm nichts dazu an. Wird der Blick über den Tellerrand gewagt, ins Gewerk Fliesen, wird schnell klar, dass diese Abdeckungsart alleine nicht dicht ist.
Auch die wasserdichte Ausführung der Stöße von Blechscharen ist schwierig. I.d.R. müssen diese Fugen tatsächlich wasserdicht ausgeführt werden, da die Brüstungen mit WDVS verkleidet oder verputzt sind. Der Putz ist zwar schlagregendicht, verträgt aber eine Wasserbelastung parallel zur Putzebene, d.h. hier „von oben“ nicht[1].
Folglich muss unter der Abdeckung eine Abdichtung angeordnet sein. Aus dieser Ebene muss die Abdichtung 15 cm an den einbindenden Stielen hoch geführt werden – technisch kaum und ästhetisch nicht zu lösen!
Wie dann?
Eine Lösung ist einfach, wenn man die Möglichkeiten der neuen Materialien nutzt. Flüssigkunststoff kann horizontal auf Bitumenbahnen aufgebracht – die Abdichtung „verlängert“ werden. Diese Ausführung hat sich bewährt, auftretende Schwierigkeiten (insbesondere auf beschieferten Bahnen) sind bekannt, fundierte Untersuchungen bieten hier eine geringes Risiko und eine hohe Anwendungssicherheit [2], [3].
Wieso soll man die Abdichtung hochführen, wenn der Geländeranschluss ohnehin eine Stahlkonstruktion ist? Da bietet es sich an, auf die „Hochführung der Abdichtung“ zu verzichten, dies stahlbaumäßig auszuführen und die Abdichtung horizontal auf den Geländerfuß zu führen.
Allerdings
sind dann die statische Befestigung und die Einbindung in die Abdichtung
(„Wasser führende Ebene“) höhenmäßig zu trennen.
[1] Z.B. WDVS: DIN 55 699 Pkt. 5.3.2
Damit ist die Abdichtung nicht geschwächt, Last und Zwang werden problemlos aufgenommen.
Die Abdeckung, die lediglich eine optische Verkleidung der Abdichtung darstellt, muss an den Stielen nicht geschlossen werden – Niederschlag wird in der darunter liegenden Abdichtungs-Ebene abgeführt.
Auf das im Gefälle der Abdeckung geneigte Blech wird rundherum die Flüssigkunststoffabdichtung 10 cm geführt und ebenso auf die angrenzende Abdichtung appliziert. Der Geländerstiel selbst wird auf der Brüstung gedübelt, die Stahlbau-Maße ergeben sich aus der Dämmstärke und den örtlichen Gegebenheiten.
Diese Variante des Geländerstiel- Anschlusses kann ebenso bei Blechen mit direkter Befestigung angewendet werden, wenn das einbindende horizontale Blech als Stoßblech in die Bitumenspachtelung eingebunden wird.
Manfred Puche, Berlin
Literatur:
[1] DIN 18 531. Ausgabe 07/ 2017
[2] AIBau: Dauerhaftigkeit von Übergängen zwischen flüssigen und bahnenförmigen Abdichtungen am Beispiel genutzter und nicht genutzter Flachdächer. Abschlussbericht, 02/ 2015
[3] Leitfaden Flüssigkunststoffe. Deutsche Bauchemie 11/ 2017
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