Erschienen im Dezember 2018 im Tagesspiegel
Was steht ins Haus?
Unsere Eigentumswohnung ist fast übergabereif, ein Vorbesichtigungstermin wurde avisiert. Nunmehr haben wir eine Einladung zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums erhalten – und das noch bevor wir unsere Wohnung übergeben bekommen! Wir sind verunsichert, über das, was wir vorher unterschreiben sollen. Wir übernehmen doch erst mit der Abnahme unserer Wohnung das Eigentum, also auch das Gemeinschaftseigentum! Wir können doch die Allgemeinbereiche auch dann erst abnehmen, wenn wir drin wohnen, dann haben wir vor allem erst einen Eindruck, wie es geworden ist!
Was steht im Gesetz?
Zum Gemeinschaftseigentum gehören die Bereiche des Gebäudes, die nicht zum Sondereigentum gehören. Einfach ausgedrückt: Dach, Wände und Fassaden, statisch notwendige Bauteile sowie die Allgemeinbereiche außerhalb der Wohnungen. Da diese Bauteile für alle da, aber niemandem zugeordnet sind, werden sie von der WEG-Hausverwaltung betreut. Als (Teil)Eigentümer muss jeder der Eigentümergemeinschaft auch dieses (sein!) Gemeinschaftseigentum (GE) selbst rechtlich abnehmen. Es gelten hier die gleichen Regeln wie für das Sondereigentum Ihrer Wohnung: Abnahmemodalitäten und Gewährleistung. Streng genommen könnte Ihnen das Betreten des Treppenhauses untersagt werden, wenn Sie das GE nicht abgenommen haben. Ein typisches Problem: Die Bewohner ziehen ein und beschädigen die Aufzugskabine. Ist das GE noch nicht abgenommen, schuldet der Bauträger Ihnen den Neuzustand. Zum Bezug Ihrer Wohnung ist also die Nutzung – und damit die förmliche Abnahme des GE unumgänglich. Häufig wird das GE durch einen Sachverständigen begangen, Mängel festgehalten und daraus ein Abnahmeprotokolle gefertigt. Wann der Bauträger diese Begehung durchführt und Sie dann zur Abnahme auffordert, bleibt ihm überlassen. Sinnvoll ist es, dies vor den Übergaben der Wohnungen durchzuführen, da dann die Eigentümer bereits mit der Übernahme des Sondereigentums das Gemeinschaftseigentum abnehmen können. Dann ist eine uneingeschränkte Nutzung möglich.
Und wie stehen Sie dazu?
Die Einladung, die Sie erhalten haben, betrifft sicherlich nur die Begehung des Gemeinschaftseigentums zum Festhalten des Zustandes. Sie sollten diesen Termin wahrnehmen, um sich über Ihr Haus – außerhalb Ihrer Wohnung zu informieren. Sie werden in Bereiche kommen, die später für Sie kaum noch zugänglich sind. Auch erhalten Sie einen guten Eindruck über die Bauqualität jenseits Ihrer vier Wände – wie wurden Keller und Dach gebaut? Schauen Sie in den Hausanschlussraum: Filter und ggf. Druckerhöhungsanlagen tauchen später in Ihrer Nebenkostenabrechnung auf. Das Ergebnisprotokoll der Begehung ist jedoch noch nicht endgültig geschlossen: Sollten Ihnen noch Mängelpunkte am GE auffallen, können Sie diese zur Abnahmeerklärung selbst aufführen – Sie nehmen schließlich ab und bestimmen, was zu bemängeln ist.
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